Der Weg der leeren Hand, das bedeutet: ohne Waffen! Karate setzt Energien frei und beruft Emotionen, es vereint Körper, Geist und Seele auf dem Weg zur leeren Hand.
Karate Ni Sentenashi – Dieses japanische Wort bedeutet:
Karate ist ohne Angriff. Karate ist kein aggressiver, sondern ein defensiver Sport. Der gute Karateka greift im leben nie zuerst an – nicht nur im Sport, sondern in allen Lebensbereichen. Er hat sich diesen Grundsatz als Teil seiner geistigen Grundeinstellung zu eigen gemacht. Hierzu bedarf es vieler Jahre intensiven Trainings und stetiger Arbeit an sich selbst. Zu dieser Einstellung gehört ein höfliches und zuvorkommendes Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen und Achtung vor seinen Lehrern. Das korrekte Verhalten im Dojo (Trainingsraum) ist Ausdruck dieses Vorsatzes.
Im Wesentlichen verbergen sich hinter diesem Leitsatz also zwei Aussagen:
- Erste Bedeutung
Im ursprünglich traditionellen Sinn, in dem dieser Leitsatz gegründet wurde, enthielt er zwei philosophische Aspekte. Zum ersten zeigt er an, dass die Kampfkünste zur Selbstverteidigung und nicht zum Wettbewerb gedacht sind, in dem eine zu große Betonung auf der Taktik von Angriffstechniken liegt. Die traditionellen Meister sehen in den akzentuierten Angriffsübungen der sportlichen Varianten eine Verletzung dieses Prinzips und ein schwaches Kampfkunstpotential, da sie im Übenden falsche innere Haltungen hervorrufen, die dem Geist des budō widersprechen. Meister Funakoshi selbst erlaubte nie die Übung von Angriffstechniken im Training.
Diese Interpretation des Leitsatzes ist mit der Budō-Philosophie des sen no sen und go no sen verbunden. Das Ergreifen der Initiative in gleich welcher Selbstverteidigungssituation ist lebensnotwendig. „Es gibt keinen ersten Angriff“ bedeutet aber, dass ein Kampfkunstexperte in der Selbstverteidigung nie angreift, sondern abwehrt und im äußersten Ernstfall kontert. Das Maß einer Selbstverteidigungshandlung wird vom Geist bestimmt, und deshalb hängt die Verwirklichung von karate ni sente nashi eng mit der Entwicklung eines gerecht empfindenden Geistes zusammen (karate wa gi no tasuke).
Zum zweiten drückt der Spruch den friedvollen Geist des in den Kampfkünsten gereiften Menschen aus, der Bescheidenheit und friedliches Zusammenleben vor egoistische Ziele stellt. Die Praktiken des Wettbewerbs, Siege nach Punkten zu erringen und auf diese Weise den Besten zu ermitteln, werden als Verletzung dieses Prinzipes bezeichnet, da sie für einen reifen Geist unwürdig und für einen naiven Geist verantwortungslos sind. Karate unter diesem Zeichen zu unterrichten, gilt als Umkehr seines Sinnes und als Verletzung der Ethik. - Zweite Bedeutung
Die zweite Bedeutung bezieht sich nicht nur auf die Kampfkünste, sondern auf die allgemeine Haltung (shisei) des Menschen gegenüber dem Leben. Das friedliche Zusammenleben der Menschen ist nach wie vor ein akutes Problem, dessen Bewältigung weit mehr in der Reife und dem Willen zum Frieden im einzelnen liegt als in der Suche nach übergeordneten Auswegen. Häufig setzen Menschen den Frieden als von ihnen unbeeinflussbares politisches Ereignis voraus, doch in Wirklichkeit ist er ein Resultat ihres kleinen Wollens und beginnt in den unscheinbaren Handlungen des Alltags. Karate ni sente nashi verweist darauf und mahnt den Menschen zur Selbstbesinnung und zu friedlichen Alternativen. Geistiges Wesen zu sein bedeutet, diese Alternativen zu suchen und zu finden, denn sie sind die Zukunft von morgen.
Der Grund, warum der Wettkampf als Verletzung dieses Prinzips gilt, ist der dem budō entgegengesetzte Geist, der durch seine Ziele gefördert wird. Im budō übt sich der Mensch, um sich selbst zu besiegen, im Wettkampf übt er sich, um andere zu besiegen. Die Ziele des Wettkampfes betonen eben jene Formen der Selbstverwirklichung im Streben, die durch die Übung des budō unter Kontrolle gebracht werden sollen, weil sie in ihren verschiedenen Facetten als die Ursache des Ungleichgewichtes gelten, das vom unreifen menschlichen Geist angerichtet wird.