Der SC 04 Schwabach feiert im zehnten Bezirksoberliga-Spiel den zehnten Sieg. Und der TSV Wendelstein muss im zehnten Spiel die zehnte Niederlage einstecken. Das ist aber nicht unbedingt eine Überraschung. Es gibt einleuchtende Erklärungen.
29:22 – Das ist ein einigermaßen standesgemäßes Endergebnis im Handball, wenn der verlustpunktfreie Tabellenführer auf das punktlose Schlusslicht trifft. Und das ist, im Falle des Nachbarschaftsduells des BOL-Spitzenreiters SC 04 Schwabach gegen den TSV Wendelstein, auch ein Endergebnis, mit dem beide Seiten ganz gut leben konnten.
Dass an diesem stürmischen Samstag in der Schwabacher Goldschlägerhalle die Serien beider Teams fortbestehen würden, das war von vorneherein den beiden Trainern Georg Lutsch (Schwabach) und Walter Anheuer (Wendelstein), das war den Spielern beider Teams und das war auch den gut 150 Zuschauern auf der Tribüne klar. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, zu unterschiedlich sind auch die Ansprüche der Nachbarn.
Auf der einen Seite der SC 04 Schwabach, der mit Macht in die Landesliga strebt. Das ist im Prinzip seit vielen Jahren das erklärte Ziel der Goldschläger, doch seit einer gefühlten Ewigkeit gab es in der BOL jedes Jahr immer mindestens ein Team, das noch etwas besser war. Schwabach war damit abonniert auf zweite und dritte Plätze. Zuletzt war der SC04 – damals noch als TSV 04 Schwabach – in den 1980er-Jahren auf Verbandsebene aktiv. 2019/20 könnte aber endlich das Jahr der Schwabacher im Oberhaus des Bezirks werden.
Läuft bei Schwabach
Aus vielerlei Gründen. Da ist zunächst einmal Trainerfuchs Georg Lutsch, der nach berufsbedingter vierjähriger Pause wieder an die Seitenlinie zurückgekehrt ist und der, so sagen die Edelfans oben auf der Tribüne, die Mannschaft einfach richtig gut einstellt. Da ist zum zweiten der enorm große Kader, der fast voll einsatzfähig ist. Einzige Ausnahme ist Christopher Zintl, der Spielertrainer der vergangenen Jahre, der jetzt nur noch Spieler ist. Bis er seinen Kreuzbandriss auskuriert hat, wird es sicher noch dauern. Trotzdem: Wenn du in jedem Spiel auf 15, 16 oder 17 Spieler zurückgreifen kannst, dann ist das natürlich ein Geschenk”, sagt Trainer Lutsch. Egal, wen er von der Bank bringe, „es gibt da keinen großen Qualitätsunterschied”. Das unterscheidet Schwabach von den meisten anderen Bezirksoberligisten. Hinzu kommt ein Selbstvertrauen, das mit jedem Sieg, manche davon auch verdammt knapp, gewachsen ist. Und das durch den Gewinn des Verbandspokals noch einmal befeuert wurde (wir berichteten). Erstmals wird damit beim Länderpokal im Januar ein Bezirksoberligist den Freistaat Bayern vertreten. „Wir wollen das würdig tun”, kündigt Lutsch an. „Und wir werden uns auch entsprechend darauf vorbereiten.” Bislang steht aber weder fest, wo gespielt wird, noch wann: erstes oder drittes Januar-Wochenende.
Vor neuen Pokalehren hatte der Spielplangestalter der Bezirksoberliga aber erst einmal am Vorabend des 3. Advent das Nachbarschaftsderby gegen den TSV Wendelstein angesetzt. Auf dem Papier die einfachste aller Aufgaben für Schwabach. 18:0 Punkte standen vor dem Spiel auf der Habenseite der Hausherren. 0:18 Punkte auf der Habenseite der Gäste. Warum Wendelstein so gar nicht in die Puschen kommt? „Weil wir eigentlich gar nicht in der Bezirksoberliga spielen wollten und sollten”, erklärt Trainer Walter Anheuer. Grundsätzlich habe der Kader schon eine gewisse Qualität. Aber jede Woche würden vier, fünf Leute berufs- oder studienbedingt fehlen. „Das können wir nicht kompensieren.” In der Tat wäre Wendelstein schon vergangene Saison als Vorletzter aus der BOL abgestiegen (Bad Windsheim hatte kurz vor Schluss sein Team abgemeldet und war auf den letzten Platz gesetzt worden). Doch weil aus der Bezirksliga niemand nach oben wollte, reichte auch dieser vorletzte Platz zum Klassenerhalt. „Wir wollten absteigen, durften aber nicht”, bedauert Anheuer. Zwangs-Klassenerhalt, gewissermaßen. Also reist der TSV auch 2019/20 durch die mittelfränkischen BOL-Sporthallen und holt sich eine Niederlage nach der anderen ab.
Underdog schlägt sich wacker
Angesichts der ungleichen Voraussetzungen schlugen sich die Gäste aber ganz wacker, was Trainer Anheuer auch richtig stolz machte. „Wir wussten ja vorher, dass es gegen ein solches Top-Team wie Schwabach nichts zu holen gibt. Bis zur 20. Minute hielten die Gäste das Spiel völlig offen, führten mehrmals mit einem Tor. Auch bei Halbzeit (15:13 für Schwabach) waren die Gäste noch in Schlagdistanz, Müller verkürzte kurz nach dem Wechsel sogar auf 15:14.
Allerdings hatte Wendelstein insofern Pech, dass sich ihr bester Angreifer Andreas Steigerwald bei der einzig wirklich hässlichen Szene des Spiels kurz vor der Halbzeit leicht verletzte und nach dem Wechsel nur noch sporadisch eingesetzt werden konnte. Schwabachs Alexander Rösch sah in dieser Szene fälschlicherweise „Rot”, das Foul hatte eher Stefan Reichel begangen.
Wie dem auch sei: Schwabach verteidigte nach dem Wechsel aggressiver und baute den Vorsprung zunächst auf bis zu fünf Tore aus. Bis zehn Minuten vor dem Ende (23:20) blieb der Underdog ein für Schwabach unangenehmer Gegner, ehe gegen einen kräftemäßig nachlassenden Gegner doch noch ein standesgemäßes Ergebnis herausgeworfen wurde.
Wieder einmal hatte die Breite des Kaders den Ausschlag gegeben. Während auf Wendelsteiner Seite ein kleines Häuflein an der Seitenauslinie auf Einsatzzeiten wartete, reichten beim SC 04 Schwabach zwei Langbänke nicht aus, um all die Ersatzspieler und (Assistenz-)Trainer aufzunehmen. Macht aber nichts. Chef-Coach Georg Lutsch ist ohnehin einer, der lieber hinter der Auswechselbank steht als auf ihr sitzt.
SC 04 Schwabach:
Walwei, Ott (Tor), Rösch (1), Geck (4), Halbig (4), Schwarz (2), Meyer (5/2), Reichel (1), Lutsch (6/2), Hufnagel, Reitz (2), Sluik (1), Seidling, Götz (3)